Während Weizen fast schon verteufelt und Spezialmehle hochgelobt werden, rücken andere Getreidesorten komplett in den Hintergrund. Dabei steckt in den Evergreens so einiges! Was beispielsweise alles mit dem Roggenkorn möglich ist, welche Nährstoffe und Backeigenschaften sich mit ihm verbinden und wo es überhaupt herkommt? Das erfahren Sie hier!

Roggen: das Brotkorn Nordeuropas

Die harten Fakten unseres Roggens sind schnell zusammengefasst: Es handelt sich hierbei um ein Süßgras, welches recht anspruchslos in Fragen der Bodenqualität ist. Das Getreide gedeiht auf sandigem wie sauren Boden gleichermaßen und erträgt je nach Art sogar große Trockenheit oder Kälte. Entsprechend entwickelte sich auch seine Verbreitung vom Orient bis hin nach Mittel- und Nordeuropa.

Nachweisbar ist das Roggenkorn anhand unterschiedlicher archäologischer Funde bis in die Steinzeit zurück. Es fand seinen Weg wahrscheinlich durch Wind und Tiere und wuchs zunächst als eine Art Unkraut zwischen Weizen. Peu à peu verdrängte es aber durch seine Robustheit den Konkurrenten und galt bald schon als das Brotkorn der Kelten, Germanen und Slawen. Die Römer hingegen hielten das dunkle Getreide für minderwertig und magenschädlich, gerade einmal gut genug, um einen Menschen vor dem Hungertod zu retten.

Im Laufe der Zeit gewann das Korn aber immer mehr an Relevanz. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es sogar ein solch wichtiges Handelsgut, dass damit sogenannte Roggenanleihen und Bänke zu Finanzierungszwecken entstanden. Heutzutage gilt Deutschland mit mehr als 3 Millionen Tonnen als weltweit größter Roggenproduzent. Es wird hauptsächlich als Brotgetreide eingesetzt, hat aber noch andere Verwendungsmöglichkeiten:

  • verarbeitet als Mehl, Schrot, Grieß oder Flocken
  • als ganzes Korn (eingeweicht kochbar wie Reis)
  • Alkohol aus Roggen
  • als Futtermittel in der Landwirtschaft
  • als nachwachsender Rohstoff (z.B. für Bioethanol oder Dämmstoffe)

Arten des Roggenkorns: Sommer- und Winterroggen

Im Prinzip gibt es beim Roggen nur zwei verschiedene Arten: den Sommer- und den Winterroggen. In Europa wird vermehrter die Winterart angebaut, da sie zum einen extrem robust ist und bis zu Temperaturen von -25 °C aushält. Zum anderen kann dieses Getreide sowohl größere Trockenheit, als auch vermehrte Feuchtigkeit in den Winter- und Frühjahrsmonaten gut vertragen. Sein Ertrag ist zudem reich. Kein Wunder, dass allein in Deutschland 35 unterschiedliche Sorten zugelassen sind.

Der Sommerroggen hingegen kann zwar ebenfalls besonders niedrige Temperaturen aushalten, braucht aber eher einen humusreichen Boden. Man sagt, da, wo es Weizen einfach zu kalt ist, kann die Sommervariante angebaut werden. Das trifft zum Beispiel auf höhere Lagen zu, wo noch mit Spätfrösten zu rechnen ist. Abgesehen davon unterscheiden sich die beiden Roggenarten nur in ihrer Ertragshöhe, die bei der Sommervariante im Vergleich geringer ist. Geschmacklich und von den übrigen Eigenschaften gibt es aber keine nennenswerte Differenz.

Roggenkorn: Eigenschaften und Verwendung

Es ist nur 5 bis 9 mm groß, hat eine längliche Form und gelbbraune bis graugrüne Farbe und wird an der Spitze von kurzen Härchen geziert: Das Roggenkorn macht schon optisch einiges her. Aber auch seine inneren Werte können überzeugen.

Welche Nährstoffe stecken in Roggen?

Besonders relevant beim Roggenkorn ist der hohe Gehalt an Ballaststoffen. Dieser liegt mit 13 bis 15 % tatsächlich an der Spitze der Rangfolge und lässt alle anderen Getreidesorten weit hinter sich. Noch vorteilhafter daran ist aber, dass die enthaltenen Ballaststoffe als sehr leicht zerlegbar gelten und somit einen niedrigen Cholesterin- und Glukosespiegel im Blut unterstützen. Zudem führen sie auch zu einem länger anhaltenden Sättigungsgefühl.

Zu eben diesen Ballaststoffen gehören im Übrigen die sogenannten Pentosane, also Schleimstoffe. Diese spielen beim Backen später eine wichtige Rolle. Zudem enthält das Roggenkorn Gluten. Zwar ist der Prozentsatz um einiges geringer als bei Weizen oder Dinkel, aber für sehr empfindliche Menschen bzw. Personen mit Zöliakie dennoch riskant.

Abgesehen davon hat Roggen auch an Nährstoffen so einiges zu bieten. Allem voran bringt das Korn eine Fülle an B-Vitaminen mit sich und liefert wertvolle Aminosäuren:

  • Mineralstoffe: Natrium, Kalium, Magnesium, Calcium, Mangan, Eisen, Kupfer, Zink, Phosphor, Selen
  • B-Vitamine: B1, B2, B3, B5, B6, Folsäure, Vitamin E
  • Aminosäuren: z.B. Tryptophan, Lysin, Arginin
Eine Person hält in ihrer Hand Roggenkörner

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Welches Mehl wird aus dem Roggenkorn hergestellt?

Am häufigsten wird das Roggenkorn auf jeden Fall gemahlen verwendet. Je nach Intensität des Ausmahlgrades und dem eingesetzten Rohprodukt, entstehen ganz unterschiedliche Roggenmehle. Sie alle sehen deutlich dunkler aus als das weiße Pendant aus Weizen, wirken manchmal eher bläulich oder grau und haben einen intensiven Geruch. Die Typen eignen sich für ganz verschiedene Gebäcke. Eine Übersicht dazu haben wir Ihnen hier erstellt:

Type Verwendung Eigenschaften
610 helle Mischbrote, Kleingebäck weniger geschmacksintensiv, dafür recht haltbar
815 Brötchen, Mischbrote, Fladen, Kleingebäck schmeckt kräftig, wenig Säurebedarf, bis zu 1 Jahr haltbar
997 Mischbrote, Sauerteigbrote, Roggenbrote, Bauernbrote aromatisch im Geschmack, ebenfalls noch bis zu 1 Jahr haltbar
1150 Roggenmischbrote, Sauerteigbrote, Graubrote intensiver Geschmack, gut zu verarbeiten, braucht aber Teigsäuerung, weniger als 1 Jahr haltbar
1370 dunkle, herzhafte Roggenbrote sehr intensives Aroma, dunkles Mehl, braucht unbedingt Säuerung, sonst keine schnittfähige Krume, ca. 3 – 6 Monate haltbar
1800 Roggenschrotbrote, Schwarzbrote dunkelstes und aromatischstes Mehl, kernig im Geschmack, ohne Keimling (Backschrot) 2 – 3 Monate haltbar, mit Keimling (Vollkornmehl) nur ca. 1 Monat

Backen mit Roggenkorn: Das gilt es zu beachten

Die Backeigenschaften des Roggens unterscheiden sich stark vom Weizen. Denn obwohl das Mehl Gluten enthält, kann das Klebereiweiß nicht seinen gewohnten Dienst verrichten. Schuld daran sind die Schleimstoffe, welche das Entstehen eines Klebgerüstes verhindern, indem sie die Stärke abbauen. Dadurch kommt es nicht zur wichtigen Gashaltung bei der Gärung. Dafür halten die Pentosane dennoch sehr viel Wasser, wodurch ein eher flüssiger Teig entsteht.

Damit daraus trotzdem ein Brot werden kann, braucht das Roggenmehl eine Säuerung. Diese hemmt die entsprechenden Enzyme und stabilisiert das Gemisch. Außerdem verleiht sie dem Gebäck gleichzeitig mehr Haltbarkeit, da Bakterien und Schimmelsporen hier weniger Angriffspunkte finden. Eine solche Säuerung kann bei Teigen mit geringerem Roggenanteil schon durch Zugabe von Essig, Buttermilch oder Zitronensaft gelingen. Je höher der Anteil des Roggens ist, desto wichtiger wird aber der Einsatz von Sauerteig.

Haben Sie alles richtig gemacht, dann entsteht ein Brot mit einer dichten Krume und kleinen Poren. Es ist etwas weniger locker als ein Backwerk aus Weizen, dafür aber meist deutlich saftiger. Geschmacklich bringt das Roggenkorn ein intensives, herzhaftes Aroma mit sich und verleiht dem Gebäck eine attraktive, dunkle Farbe. Waren aus diesen Mehlen trocknen im Übrigen weniger rasch aus und schmecken darum im Umkehrschluss länger frisch. Überzeugen sie sich doch also einmal von den Vorzügen dieses Getreides!

Weiterführende Links
www.wikipedia.org/wiki/Roggen
www.lebensmittellexikon.de/r0000670.php
www.lebensmittel-warenkunde.de/…/roggen-korn.html
www.kws.com/…/roggen-gut-fuer-die-gesundheit/
www.der-kuechenprofi.net/mehl-und-seine-mehltypen-infos-ueber-weizen-roggen-und-co/
www.getreide.org/sommerroggen.html
www.baeckerlatein.de/mehl-haltbarkeit/